Gunda Leschber sieht Patienten in Lungenkrebszentren besser versorgt
Seit 2008 gibt es in Deutschland zertifizierte Lungenkrebszentren. Sie müssen bestimmte Qualitätsanforderungen erfüllen, etwa interdisziplinäre Tumorkonferenzen abhalten, Rundumbereitschaft von mindestens zwei Fachärzten gewährleisten oder bestimmte Mindestmengen erfüllen. Wer sich nun in einem solchen spezialisierten Zentrum behandeln lässt, kann sicher sein, hier die nötige Expertise und Erfahrung vorzufinden.
Laut Statistik der Deutschen Krebsgesellschaft wird derzeit aber nur jeder dritte Lungenkrebspatient (32%) in einem zertifizierten Lungenkrebszentren behandelt und etwas mehr als jeder zweite (58%) dort operiert. Die unterschiedlichen Zahlen kommen dadurch zustande, dass Lungenkrebs in dreiviertel der Fälle inoperabel ist. Das heißt, wenn operiert werden muss, dann wenden sich deutlich mehr Patienten an ein deutsches Lungenkrebszentrum.
Komplikationen machen den Unterschied
Die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Thoraxchirurgie (DGT) Dr. Gunda Leschber würde allerdings gerne mehr Patienten in den Spezialzentren sehen, insbesondere bei Operationen. Ein wesentlicher Grund: Die anderen Kliniken erfüllen meist nicht die Mindestmengenvorgabe von 75 Operationen im Jahr. Laut Leschber stehen den 47 Lungenkrebszentren 201 Kliniken gegenüber, die nicht einmal 25 Lungenkrebspatienten im Jahr operieren. „Das ist eine erhebliche Diskrepanz“, stellte sie auf dem Chirurgenkongress am Donnerstag fest. Zwar wolle sie nicht ausschließen, dass anderswo nicht auch gut operiert werden kann. Doch spätestens wenn es zu Komplikationen komme, seien die Patienten in einem Zentrum eindeutig besser aufgehoben. „Da brauchen Sie ein eingespieltes Behandlungsteam, das viel Erfahrung mit allen Facetten einer Lungenkrebsbehandlung hat“, sagte die Chefärztin der Ev. Lungenklinik Berlin-Buch auf einer Pressekonferenz im Rahmen des 133. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie in Berlin.
Sterblichkeit nach Lungenkrebsoperation in Zentren halb so hoch
Untermauert wird Leschbers Einschätzung durch Daten des Statistischen Bundesamts. Danach ist die Sterblichkeit in Kliniken, die weniger als 25 Eingriffe pro Jahr durchführen, mit 6 Prozent doppelt so hoch wie in Kliniken, die die Marke von 75 Operationen erreichen. In Zentren mit mehr als 175 Lungenkrebsoperationen liegt die Sterblichkeit sogar nur bei 2,5 Prozent.
Daten, ob die Lungenkrebszentren auch im 5-Jahres-Überleben besser abschneiden, werden gerade noch ausgewertet. Doch Thoraxchirurgin Leschber ist sich ziemlich sicher, dass dem so ist. Dies legten ältere Auswertungen aus den USA nahe und neuere aus einem Zentrum in Süddeutschland, meinte sie „Diese Daten zeigen, dass sich die Überlebenszeiten nach Einführung der Zertifizierung verbessert haben und auch das Langzeitüberleben um einiges höher liegt als in nicht zertifizierten Zentren“, so Leschber.
80 Lungenkrebszentren würden den Bedarf decken
Noch kann theoretisch jedes Wald und Wiesenkrankenhaus Lungenkrebs operieren. Gesetzlich ist das erlaubt. Aus ärztlicher Sicht ist das jedoch eine Schwachstelle des deutschen Gesundheitssystems. Kongresspräsidentin Prof. Gabriele Schackert machte auf dem Chirurgenkongress keinen Hehl daraus, was sie davon hält. „Die Kassen sollten das schlichtweg nicht mehr bezahlen“, forderte Schackert. Ferner sollten Abteilungen, die den Qualitätsstandard nicht mehr erfüllen könnten, geschlossen werden. „Schwierige Eingriffe gehören in Expertenhände“, so die Neurochirurgin. Und wer dies nicht gewährleisten könne, müsse seine Patienten fairerweise zu entsprechend versierten Kollegen schicken.
Gunda Leschber wurde zwar weniger deutlich, sieht das im Kern gern aber genauso. „Lungenkrebspatienten sind in Zentren besser versorgt“, bekräftigte sie. „Theoretisch könnten 80 Lungenkrebszentren den Bedarf des ganzen Landes abdecken.“
Foto: © Syda Productions - Fotolia.com