Gibt es bald eine Pflegekammer in Berlin?
Mario Czaja, der Berliner Gesundheits- und Sozialsenator, ist manchmal ein stiller aber noch häufiger ein offener Befürworter einer Berliner Pflegekammer. Er stellt sich Fragen nach der Wertschätzung der Mitarbeiter in der Pflege, nach deren psychischen und physischen Belastung und Verweildauer im Beruf, wie auch nach deren Bezahlung. Wenn er Besuch von Lobbyisten aus anderen Kammerbereichen habe, dann seien diese gut vorbereitet. „Die Pflege“, so Czaja, „kommt ehrenamtlich nach deren Dienst“. Andere Kammervertreter sind demgegenüber hauptberuflich tätig.
Czaja will keine falschen Erwartungen schüren. „Eine Pflegekammer führt nicht zu Tarifverhandlungen. Auch wird es durch sie keine besseren Personalschlüssel geben.“ Der Sozialsenator ist sich jedoch sicher: „Eine Pflegekammer wird zu einer besseren Interessensvertretung führen“.
Pflegevertreter sind sich über die Einrichtung einer Berliner Pflegekammer nicht einig
Die Befragung zur Berliner Pflegekammer kommt, ist sich Christine Vogler vom Landespflegerat Berlin-Brandenburg (LPR) sicher. Ein deutliches „Ja“ sagt Vogler zur Pflichtmitgliedschaft und nennt die Vorteile einer Kammer, wie zum Beispiel die Mitwirkung bei Aufgaben des öffentlichen Gesundheitswesens, der Schaffung einer verbindlichen Berufsordnung oder der Auswahl von Fort- und Weiterbildungen. Eine Kammer sei ein großer Schritt für die Gleichberechtigung der Heilberufe und sei besser als jede Imagekampagne, ist sich Vogler sicher. Auch die Pflegedirektorin von Vivantes, Kathrin Leffler, plädiert für eine Pflegekammer, die „alternativlos ist“ und die sich auf die Heilberufe und Pflegefachkräfte beschränken muss.
Für eine Pflegekammer
„Im Landespflegeausschuss haben wir keine klare Position für eine Pflegekammer“, stellt demgegenüber Martin Matz als Vorsitzender der LIGA der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege Berlin sowie des Landespflegeausschusses fest. Matz bezweifelt, dass eine Pflegekammer zu einer besseren Vertretung der Pflegemitarbeiter führen wird. „Zu den bestehenden Interessengruppen kommt lediglich eine weitere hinzu.“ Zudem sind die meisten Probleme auf Bundesebene zu klären; dem Einfluss einer Berliner Pflegekammer sind somit klare Grenzen gesetzt. „Hoffnungen werden enttäuscht werden“, mahnt Matz.
Niedersachsen und Rheinland-Pfalz Vorreiter
Ein bis zwei Jahre weiter beim Thema Pflegekammer sind die Bundesländer Niedersachsen und Rheinland-Pfalz. Während in Niedersachsen eine repräsentative Befragung zur Pflegekammer durchgeführt wurde, wählte Rheinland-Pfalz eine Umfrage, bei der sich die Pflegekräfte selbst anmelden mussten. Die Befragung ist ein politisch und rechtlich erforderliches Element, da aufgrund der Pflichtmitgliedschaft in der Kammer in Grundrechte eingegriffen werde, so Jürgen Kirchberg vom Sozialministerium Niedersachsen.
Das Votum der Teilnehmer der Berliner Fachtagung ist eindeutig. Fast alle Teilnehmer haben für eine „Pflegekammer Berlin“ gestimmt, berichtet der Landespflegerat abschließend. Zu klären ist noch die Einbeziehung der nicht examinierten Pflegekräfte, die in der Altenpflege den größeren Teil der Beschäftigten darstellen, hieß es aus Teilnehmerkreisen. Der Zeitplan sieht vor, 2014 die Finanzmittel für eine Befragung der Berliner Pflegekräfte sicherzustellen, dann die Befragung seitens des Senats auszuschreiben und durchzuführen.