Geistige Tätigkeit kann Folgen von Multipler Sklerose lindern
Bereits frühere Studien haben Hinweise ergeben, dass geistige Tätigkeiten vor den Auswirkungen neurologischer Erkrankungen schützen können. So konnte beispielsweise gezeigt werden, dass die Lebenserwartung von Patienten mit Demenz desto mehr ansteigt, je höher ihre Bildung ist beziehungsweise je stärker sie im Beruf geistig gefordert sind. Forscher vermuten daher, dass eine geistig stimulierende und fordernde Betätigung zu einer Reserve des Gehirns führt, durch die neurologische Ausfälle kompensiert werden können. Offenbar gilt dies auch für Patienten, die an Multipler Sklerose (MS) erkrankt sind; das hat nun eine aktuelle Studie gezeigt.
Kognitive Reserve schützt Patienten mit Multipler Sklerose
Als kognitive Reserve wird die Fähigkeit des Gehirns bezeichnet, den Abbau von Nervenzellen auszugleichen und damit die geistige Leistungsfähigkeit trotz einer neurodegenerativen Erkrankung für lange Zeit aufrechtzuerhalten. Zu einer solchen Reserve können eine anspruchsvolle geistige Tätigkeit in Beruf oder Privatleben, eine hohe Bildung, das Beherrschen verschiedener Sprachen und auch ein reges Sozialleben führen.
Wissenschaftler der Universität Regensburg konnten nun in einer Langzeitstudie nachweisen, dass dies auch für Patienten mit Multipler Sklerose gilt. Die Forscher um Professor Weißert haben dafür 128 Patienten mit unterschiedlichen Bildungsniveaus, die an Multipler Sklerose erkrankt waren, untersucht. Über 12 Jahre lang wurde ihre geistige Leistungsfähigkeit hinsichtlich der Funktionen Aufmerksamkeit, Langzeitgedächtnis, Arbeitsgedächtnis, Sprache und Wahrnehmung analysiert. Insgesamt 27 neuropsychologische Testverfahren kamen dabei zum Einsatz. Zudem wurden die Probanden zu ihrer Schul- und Weiterbildung, ihrem Beruf, ihren Alltagsaktivitäten, Hobbies und Leseaktivitäten befragt.
Geistige Tätigkeiten erhalten Hirnleistung
Die Regensburger Studie bestätigte nicht nur, dass sich geistige Tätigkeiten in Beruf und Alltag positiv auf den Erhalt von Hirnleistungen im Verlauf der Multiplen Sklerose auswirken. Sie zeigte auch, dass eine lange Schul- und Ausbildungszeit mit einem günstigeren Verlauf hinsichtlich der Krankheitssymptome verbunden ist.
Auf der anderen Seite wirkt sich eine hohe Aktivität in Beruf und Alltag bei MS-Patienten mit kurzer Ausbildungszeit deutlicher auf den Erhalt der Hirnleistungen aus, als dies bei den Personen der Fall war, die eine längere Ausbildungszeit durchlaufen hatten. Eine kürzere Ausbildungszeit kann demnach durch häufiges Lesen, eine anspruchsvolle berufliche Tätigkeit oder auch häufige sportliche Aktivität ausgeglichen werden. Die Forscher hoffen nun, dass ihre Beobachtungen Konsequenzen für die Planung neuer Rehabilitations- und Therapieverfahren gegen Multiple Sklerose haben werden.
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