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Entlassungsmanagement soll verbessert werden

Samstag, 5. Dezember 2015 – Autor:
Mit der Entlassung aus dem Krankenhaus sind die Patienten in der Regel auf sich gestellt. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Regel künftig zur Ausnahme werden. Qualitätsgesichertes Entlassungsmanagement heißt das Zauberwort.
9. Nationaler Qualitätskongress: Ein Qualitätsgesichertes Entlassungsmanagement soll Versorgungsbrüche verhindern

9. Nationaler Qualitätskongress: Ein Qualitätsgesichertes Entlassungsmanagement soll Versorgungsbrüche verhindern

Wer über Qualität im Gesundheitswesen redet, kommt an der Schnittstelle ambulant / stationär nicht vorbei. Am deutlichsten wird der „Bruch“ mit dem Tag der Entlassung aus dem Krankenhaus. Darum gab es auf dem 9. Nationalen Qualitätskongress in Berlin am Donnerstag ein eigenes Experten-Symposium zum „Entlassungsmanagement und der anschließenden medizinischen Versorgung.“

Dass an der Schnittstelle einiges im Argen liegt, ist hinlänglich bekannt. Versorgungslücken entstehen, weil die Weiterbehandlung durch niedergelassene Ärzte, ambulante Pflegedienste oder Physiotherapeuten nicht geregelt ist. Weiter fehlen den Patienten oft  Medikationslisten oder der Zugang zu Medikamenten, weil gerade Wochenende ist. Und auch der Arztbrief liegt oft am Tag der Entlassung nicht vor, obwohl dieser wichtige Informationen für den weiterbehandelnden Arzt enthält oder zumindest enthalten sollte.

QS-Verfahren Entlassungsmanagement

Dass das nicht nur gefühlt so ist, hat das AQUA-Institut in einer detaillierten Versorgungsanalyse belegt. „Die Wartezeiten auf ein Rezept oder eine Anschlussbehandlung sind immer noch viel zu lang“, betonte AQUA-Geschäftsführer Prof. Dr. Joachim Szecsenyi am Donnerstag. Sogar die Entlassung aus dem Gefängnis sei besser geregelt als die aus dem Krankenhaus, meinte der Allgemeinmediziner, wobei er versprach, dass künftig alles besser werden soll. Das AQUA-Institut entwickelt im Auftrag des Gemeinsamen Bundesauschusses (G-BA) ein Qualitätssicherungsverfahren für ein Entlassungsmanagement. Damit wird die Entlassung aus dem Krankenhaus künftig ein messbares Qualitätskriterium.

Das QS-Verfahren wird neben der erwähnten Analyse der Qualitätsdefizite konkrete Qualitätsziele und auch konkrete Handlungsempfehlungen enthalten. Die Praxis zeigt, dass so etwas längst überfällig ist. Denn das Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-VStG) hat allein noch nichts gebracht. Dort steht drin, dass im Prinzip jeder Patient einen Anspruch auf ein regelrechtes Entlassungsmanagement hat. Doch das wurde von den Krankenhäusern bislang aus schierer Personalnot bislang nicht umgesetzt. Denn Entlassungsmanagement ist mehr als nur ein Taxi rufen.

Gute Kooperation zwischen ambulant und stationär unabdingbar

„Um Versorgungskontinuität sicherzustellen, braucht es eine gute Kooperation zwischen ambulant und stationär“, sagte Szecsenyi. Es wäre falsch, ein gutes Entlassungsmanagement nur auf den stationären Bereich zu reduzieren. Die ehemalige Präsidentin des Deutschen Pflegerats Marie-Luise Müller forderte einen hauptberuflichen Entlassungsmanager im Krankenhaus, der sich um nichts anderes kümmern sollte. Diese Person sollte gute Kontakte zu den Kassen, Pflegediensten Rehaeinrichtungen und zum ambulanten Bereich pflegen. „Das ist keine Aufgabe für nebenbei“, sagte Müller. Außerdem sei es für Patienten enorm wichtig, einen Ansprechpartner zu haben und seine sehr persönlichen Anliegen nicht mit mehreren besprechen zu müssen.

Medikationsliste auf der elektronischen Gesundheitskarte

Das GKV-VStG sieht das im Grunde seit Juli vor. Es erlaubt Krankenhäusern zudem Medikamente für bis zu sieben Tage nach der Entlassung verordnen zu können. „Das ist ein großen Fortschritt“, sagte der Berliner Kinderarzt und IT-Experte Joachim Meyer zu Wendischhoff. Er erkläuterte, dass die Medikationsliste künftig auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert werden soll und sowohl Ärzte, Krankenhäuser als auch Apotheken Zugriff darauf haben werden. „So steht es im soeben verabschiedeten E-Health-Gesetz“, betinte Meyer zu Wendischhoff. Allerdings hapert es bislang noch an der technischen Umsetzung. Als Übergangslösung sieht das Gesetz darum eine ausgedruckte Medikationsliste vor, die dem Patienten mitgegeben wird. Ab Mai 2017 soll dann die elektronische Speicherung machbar sein.

„Das Bundesgesundheitsministerium hat einen guten Schritt getan“, kommentierte Pflegeexpertin Müller die beiden Gesetze. Die neuen Regelungen seien vom Patienten her gedacht. Jetzt bleibe abzuwarten, wie und ob die gut gemeinten Vorgaben Niederschlag in der Praxis finden.

Foto: © Kzenon - Fotolia.com

Hauptkategorien: Berlin , Gesundheitspolitik
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