Cannabis in Einzelfällen hoch wirksam gegen Schmerzen
Cannabis zur Schmerzlinderung soll es nach dem Willen Drogenbeauftragten der Bundesregierung ab dem kommenden Jahr auf Rezept geben. Unter Schmerzmedizinern ist der Einsatz von sogenannten Cannabinoiden jedoch umstritten. Denn nach derzeitigem Wissens- und Erfahrungsstand sind die Substanzen aus der Hanfpflanze nur bei einzelnen ausgewählten Schmerzpatienten ausreichend wirksam. Bei der Mehrheit der chronischen Schmerzpatienten zeigen Cannabinoide allenfalls eine geringe bis mäßige Schmerzlinderung, sodass Cannabinoide anderen bisher gebräuchlichen Schmerzmitteln nicht überlegen sind. Dennoch begrüßt die Deutsche Schmerzgesellschaft den Schritt der Drogenbeauftragten Marlene Mortler, den therapeutischen Einsatz von Cannabinoiden zu erleichtern.
Mehrheit der Schmerzpatienten profitiert nicht
„Bemerkenswert ist, dass in Einzelfällen speziell ausgewählte Patienten, bei denen die gebräuchlichen Schmerzmittel versagen, von der Anwendung der Cannabinoide sehr stark profitieren“, sagt der Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft Prof. Michael Schäfer. Dies betreffe insbesondere Patienten deren Schmerzen eine spastische Komponente haben, wie etwa bei der Multiplen Sklerose, einer Querschnittslähmung oder Nervenverletzung. Auch manche Patienten mit neuropathischen Schmerzen bei HIV, bei denen erprobte Verfahren versagen, können Schäfer zufolge in Einzelfällen eine deutliche Linderung durch Cannabinoide erfahren.
Cannabis als Schmerzmittel per se lehnt der Experte jedoch ab. Die vorliegenden Studien und Erfahrungsberichte zeigten deutlich, dass Cannabinoide in vielen Fällen nur sehr schwach schmerzlindernd wirksam seien. Ebenso fehlten Studien, die weitere therapeutische Effekte wie antiemetische, appetitsteigernde oder antientzündliche Wirkungen untermauern.
Cannabis ab 2016 auf Kassenrezept
Da Cannabis aber im Einzelfall durchaus hilfreich sein kann, sollte aus Sicht der Schmerzgesellschaft eine Behandlung damit dann in Betracht gezogen werden, wenn gängige Schmerzmittel versagen. „Ausgewählten Patienten sollte eine Möglichkeit eröffnet werden, nach Versagen empfohlener Therapieverfahren einen individuellen Therapieversuch zu unternehmen“, sagt Schäfer. Die Therapie mit Cannabis sollte aber im Kontext einer multimodalen Schmerztherapie und nicht als isoliertes Therapieverfahren erfolgen. „Wenn in diesem Sinne eine medizinische Indikation besteht, sollte der therapeutische Einsatz von Cannabinoiden und die Übernahme der Kosten durch die Krankenkassen ermöglicht werden.“
Cannabis auf Kassenrezept – genau das sieht die Initiative der Bundesdrogenbeauftragen Marlene Mortler vor. Ein entsprechendes Gesetz soll 2016 in Kraft treten. Bislang ist der Besitz und Anbau von Cannabis illegal. Schmerzpatienten können jedoch heut schon beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Ausnahmegenehmigung beantragen.
Foto: © Mykola Mazuryk - Fotolia.com