Berliner Forscher entdecken Untergruppe von Lymphompatienten
Die Krebsforscherinnen Hua Jing vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch und Dr. Julia Kase von der Charité – Universitätsmedizin Berlin haben am 18. Dezember 2012 den Curt Meyer-Gedächtnispreis 2012 erhalten. Die mit insgesamt 10.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde ihnen für eine in der amerikanischen Fachzeitschrift Genes and Development erschienene Arbeit vom Vorsitzenden der Berliner Krebsgesellschaft, Prof. Peter M. Schlag (Charité), verliehen.
Die Biologin und Doktorandin Hua Jing und die Medizinerin Dr. Kase und Prof. Schmitt erforschen ein Zellschutzprogramm, die sogenannte Seneszenz, die das Wachstum von Krebszellen hemmen kann. Dabei entdeckten sie, dass ein Genschalter namens NF-kappaB, der bei verschiedenen Formen von Lymphdrüsenkrebs (Lymphomen) als Krebstreiber gilt und dazu beiträgt, dass ein Tumor auf eine Behandlung nicht mehr anspricht, auch eine gute Seite haben kann. „Dieser Schalter verstärkt die durch Chemotherapie ausgelöste Seneszenz, wodurch die Zellteilung bei Lymphdrüsenkrebs endgültig zum Stillstand gebracht wird“, erläuterte der Forschungsgruppenleiter Prof. Clemens A. Schmitt vom MDC und der Charité.
Der Genschalter NF-kappaB hat zwei Gesichter
Welch widersprüchliche Rolle NF-kappaB spielt, zeigt sich daran, dass der Genschalter bei zahlreichen Formen von Lymphomen ein anderes Schutzprogramm der Zelle ausschaltet, die Apoptose. Dieses Programm treibt normalerweise geschädigte oder entgleiste Zellen in den Selbstmord und bewahrt damit den Organismus als Ganzes vor Schaden. Auch Chemotherapie greift Krebszellen unter anderem durch Apoptose-Auslösung an. Bei Krebserkrankungen ist dieses Programm jedoch häufig defekt, so dass die Zellen nicht mehr absterben.
Mit der Entdeckung der neuen Rolle von NF-kappaB haben die beiden Wissenschaftlerinnen aufgezeigt, dass ein und derselbe Genschalter in Abhängigkeit unterschiedlicher Netzwerk-Einbindungen günstige oder ungünstige Therapie-Effekte vermitteln kann. Im Tiermodell untersuchten sie, unter welchen Bedingungen NF-kappaB zur Seneszenzauslösung unter Chemotherapie beiträgt und verglichen die so gewonnenen genetischen Informationen mit Daten von über zweihundert Lymphompatienten, von denen sie wussten, welche Gene bei ihrer Erkrankung aktiv sind und wie der Therapieverlauf ist.
Eine neue Untergruppe von Lymphompatienten
„Wir konnten erstmals nachweisen, dass NF-kappaB zwei Gesichter hat und es eine Untergruppe von Lymphompatienten gibt, bei denen die Hemmung des aktivierten Signalwegs eher nicht sinnvoll scheint“, betonte die Preisträgerin Dr. Julia Kase. „Jetzt müssen weitere Untersuchungen folgen, damit diese Erkenntnisse in die Klinik übertragen werden können.“
Forschungsgruppenleiter Schmitt erläuterte die Bedeutung der Forschungsergebnisse mit Blick auf künftige klinische Studien: „Bis zur Publikation unserer Arbeit hätte man erwarten dürfen, dass die Hemmung dieses offensichtlich ungünstigen Signalwegs eine gute Therapiestrategie ist. Jetzt sagen die Daten: bevor Lymphompatienten Hemmstoffe erhalten, sollten die molekularen Zusammenhänge geklärt werden. Wie wir jetzt wissen, profitiert die von uns entdeckte Patientengruppe besonders gut von Chemotherapie, aber vermutlich nicht von einer zielgerichteten Therapie gegen NF-kappaB.“
Foto: (Göran Gnaudschun) V.l.n.r.: Prof. Manfred Dietel, Hua Jing, Dr. Julia Kase und Prof. Peter M. Schlag