Berlin will Versorgung für Hochaltrige verbessern
Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) hat im Mai den Startschuss zum Strategieprozess „80 Plus – gesundheitliche und pflegerische Versorgung Hochaltriger in Berlin“ gegeben. 300 Akteure des Berliner Gesundheitswesens sollen in diesem Rahmen im Lauf des nächsten Jahres Konzepte für konkrete Verbesserungen erarbeiten und Kooperationen verabreden. Vor allem an den Schnittstellen zwischen ambulanter, Krankenhaus-, Reha- und pflegerischer Versorgung soll es reibungsloser laufen.
„Die Versorgung der hochaltrigen Menschen muss neu gedacht werden, wir brauchen dazu sektorenübergreifende Konzepte“, so Czaja zum Auftakt des Strategieprozesses. Probleme für die Hochaltrigen gebe es vor allem an den Übergängen. „Unser Ziel ist es deshalb, die bestehenden Strukturen so zu entwickeln, dass sie einer älter werdenden Gesellschaft noch besser gerecht werden“, so der Senator.
80-Plus-Strategie soll konkrete Kooperationen bewirken
Grundlage der Fortentwicklung ist ein ausführliches Diskussionspapier, das im vergangenen Jahr erarbeitet wurde. Es identifiziert Handlungsbedarf in sieben Bereichen: Prävention und Gesundheitsförderung, ambulante geriatrische Versorgung, Versorgung am Lebensende, Selbstbestimmung und Teilhabe, Aus-, Fort- und Weiterbildung, stationäre Versorgung und Vernetzung ambulanter und stationärer Versorgung. Für diese Bereiche sollen nun Arbeitsgruppen Lösungen erarbeiten, die in verbindliche Verabredungen und Kooperationsverträge zwischen den Beteiligten münden. In einem Jahr will der Senator die Ergebnisse präsentieren.
Sachverständige fordert mehr Reha in Pflege
Die Berliner Gerontologin Professor Adelheid Kuhlmey, Mitglied des Sachverständigenrates im Gesundheitswesen, unterstützt den Strategieprozess in der Hauptstadt. „Es geht darum, ein sehr gutes Netz so zu organisieren, dass 80Plus-Patienten nicht dauernd zwischen die Maschen fallen“, sagte Kuhlmey. Die Initiative des Berliner Senators komme zum richtigen Zeitpunkt.
Kuhlmey kritisiert unter anderem, dass Pflegebedürftige kaum mehr Zugang zu Rehamaßnahmen finden. Sie fordert, das Motto müsse nicht nur „Reha vor Pflege“ sein, sondern auch „Reha in Pflege“. Denn Reha- und Präventionsmaßnahmen könnten gegebenenfalls den Pflegebedarf senken oder wenigstens einer Steigerung entgegenwirken, so die Charité-Professorin. Zudem müssten die Versorgungssysteme sich umstellen auf Langzeitversorgung.
Für Kuhlmey steht aber auch fest, dass das Gesundheitssystem überfordert ist, wenn es die Herausforderungen der alternden Gesellschaft allein lösen soll. „Da muss die ganze Gesellschaft ran. Wir müssen wirklich das ganze Land umbauen“, sagte sie. Eine wichtige Rolle misst sie der Wohnungswirtschaft zu. Sie müsse für seniorengerechten Wohnraum sorgen. Nur dann könne dem Wunsch vieler alter Menschen, möglichst lang zuhause zu leben entsprochen werden, so Kuhlmey. Doch auch neue Arbeitsteilung, neue Hilfen, neue Dienstleistungen seien gefragt.
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