Ärzte durchbrechen Blut-Hirn-Schranke
Die Blut-Hirn-Schranke stellt einen Filter dar, der den Blutkreislauf des Gehirns von dem des restlichen Körpers trennt. Das ist sinnvoll, um das Gehirn vor möglichen Krankheitserregern und Giftstoffen, die im Blut zirkulieren, zu schützen. Die Blut-Hirn-Schranke verhindert jedoch auch, dass Medikamente, die beispielsweise zur Behandlung von Hirntumoren eingesetzt werden, in ausreichenden Mengen an den Krankheitsherd gelangen. Kanadischen Wissenschaftlern ist es nun erstmals gelungen, die Schranke im Rahmen einer Chemotherapie zu durchbrechen.
Vibrierende Luftbläschen öffnen Blut-Hirn-Schranke
Die Mediziner vom Sunnybrook Health Sciences Centre in Toronto injizierten einer 56-jährigen Patientin, die unter einem Hirntumor litt, zunächst ein Chemotherapeutikum. Anschließend folgte die Injektion von Luftbläschen, die kleiner waren als Blutzellen und somit nicht die Gefäße verstopften. Danach wurden Ultraschallwellen in das Gehirn der Patientin geschickt, und zwar gezielt auf die den Tumor umgebenden Gefäße. Die Luftbläschen in diesen Gefäßen begannen daraufhin zu vibrieren, wodurch kleine Löcher in der Blut-Hirn-Schranke entstanden. Auf diese Weise konnten die Zytostatika in das Gehirn gelangen. Nach zwölf Stunden verschlossen sich die Löcher wieder von alleine.
Hoffnung auf neue Therapieoptionen
Die Blut-Hirnschranke besteht aus Zellen in den Gefäßwänden und dem umliegenden Bindegewebe, die zwar Nährstoffe passieren lassen, schädliche Stoffe aber abblocken. Das Filtersystem ist so effektiv, dass bei einer Krebsbehandlung nur zwei Prozent der eingesetzten Chemotherapeutika im Gehirn ankommen. Um überhaupt Wirkungen zu erreichen, wurden den Patienten daher bisher einfach sehr hohe Dosen der Medikamente verabreicht, in der Hoffnung, dass es eine ausreichende Menge durch die Barriere schafft. Das war aber natürlich mit starken Nebenwirkungen verbunden.
Auch bei anderen Erkrankungen wie Demenz oder Parkinson erweist sich die Blut-Hirn-Schranke immer wieder als Problem. Die Erkenntnisse der kanadischen Forscher könnten also als wichtiger Baustein für zukünftige Behandlungen von Erkrankungen des Zentralen Nervensystems sein. Bis zu einer möglichen Zulassung des Verfahrens ist es aber noch ein weiter Weg.
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