Ältere Arbeitnehmer sind produktiver
Vor wenigen Wochen hat SPD-Chef Sigmar Gabriel die Rente mit 67 als schweren Fehler der SPD bezeichnet. Ein Indiz dafür, wie heftig in Deutschland noch um eine verlängerte Lebensarbeitszeit gestritten wird. Aber ist ein früher, zwangsverordneter Ruhestand überhaupt gesund? Marion Kopmann von der sozialen online- Plattform für ältere Fach- und Führungskräfte im (Vor) Ruhestand „Masterhora.de“, sagt, dass es zwar keine belegbaren, unmittelbaren Vorteile einer verlängerten Lebensarbeitszeit auf die Gesundheit gebe, wohl aber scheine umgekehrt eine zwangsverordnete Passivität beeinträchtigend zu sein. „Studien belegen, dass Arbeit zu einer besseren mentalen als auch physischen Gesundheitssituation führen kann. Was wiederum positive Einflüsse auf den Partner oder das sonstige soziale Umfeld nehmen kann und somit die individuelle Lebensqualität ansteigen lässt.“
Die Politik sei gefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um die im existierenden Sozialsystem ansteigende Inaktivität bei älteren Menschen zu revidieren, so Arbeitsexpertin Kopmann. „Gesunde Rentner haben eindeutig mehr Freizeit, die zum Teil dazu eingesetzt werden kann, sich produktiv in den offenen Raum einzubringen sowie neue soziale Kontakte zu gewinnen.“ Dies umfasse sowohl den karitativen Bereich als auch die Arbeitswelt. Den Menschen müsse wieder die Möglichkeit gegeben werden, ihr Altenleben eigenverantwortlich zu gestalten, anstatt die Ausgestaltung des Alters von öffentlichen Stellen vorgegeben zu bekommen, fordert Kopmann.
Ältere machen weniger Fehler und sind seltener krank
Aus Sicht der Arbeitgeber hat die Weiterbeschäftigung von älteren Arbeitnehmern deutliche, auch belegbare Vorteile: Eine 2013 veröffentlichte Studie von Berliner Forschern hat gezeigt: Die geistige Leistungsfähigkeit von Menschen jenseits der 65 schwankt weniger als bei jungen Menschen. Die Älteren sind sogar insgesamt produktiver. „Weitere Auswertungen weisen darauf hin, dass für die höhere Zuverlässigkeit bei den Älteren erlernte Strategien bei der Aufgabenbearbeitung, eine gleichbleibend hohe Motivation sowie ein ausgeglichener Alltag mit stabiler Stimmungslage eine Rolle spielen“, sagt Florian Schmiedek, Professor für Methoden der Entwicklungs- und Pädagogischen Psychologie am Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung und der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Alles unter der Prämisse einer soliden Gesundheit. „Eine unserer Studien in der Automobilproduktion zeigt, dass ältere Mitarbeiter deutlich seltener schwere und teuer zu beseitigende Fehler machen als jüngere. Auch in den anderen von uns untersuchten Branchen findet man nicht, dass Jüngere produktiver sind als Ältere", erläutert Axel Börsch-Supan, Direktor des Munich Center for the Economics of Aging am Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik.
Eurobarometer 2012: Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz ist Realität
Dass ältere Arbeitnehmer engagierter arbeiten, will auch Marion Kopmann von Masterhora.de. bestätigen. „Einigen Untersuchungen zufolge zeigen ältere Arbeitnehmer mehr Engagement am Arbeitsplatz, verbuchen weniger Fehlzeiten durch Krankheit und verbleiben länger in einem Arbeitsverhältnis“, sagt die Beraterin. „Die Kompetenz, Erfahrung und Reife älterer Arbeitnehmer wiegen im Allgemeinen mögliche Probleme – wie etwa ein erhöhtes altersbedingtes Langzeit-Krankheitsrisiko – auf.“ Doch auch die Einstellung gegenüber dem Alter müsse sich verändern.
Die Ergebnisse des Eurobarometers 2012 zeigen, dass die Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz die am häufigsten angegebene Form der Altersdiskriminierung ist. Für rund sieben von zehn Bürgern ist die Tatsache, dass ältere Arbeitnehmer von Arbeitgebern nicht positiv betrachtet werden, ein wichtiger Grund für das Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt.
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